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Bauernopfer

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Bauernopfer – Spiel der Könige

Pawn Sacrifice

USA 2014

FSK: ab 12 Jahren

Länge: ca. 115 Min.

Studio: Material Pictures, Gail Katz Productions, MICA Entertainment

Vertrieb: Studiocanal/Arthaus

Filmzine-Review vom 29.09.2016

Hand aufs Herz: Wer kann sich bitteschön an die letzte Schach-Übertragung im Fernsehen erinnern? Oder wer kennt den aktuellen Schach-Weltmeister? Anfang der 70er-Jahre hatte das Spiel der Könige noch ein ganz anderes Standing. Schuld daran war ein junges Schachwunderkind aus Brooklyn namens Bobby Fischer. Bereits im Jahr 1959 (mit 16 Jahren!) wurde ihm der Titel des Großmeisters verliehen und von da an gab es für den jungen Mann kein Halten (und keine Gegner) mehr. Den medial vielbeachteten Zweikampf gegen die russische Legende Boris Spassky aus dem Jahr 1972 stellt Regisseur Zwick in Bauernopfer nun eindrucksvoll nach.

Der Kampf um die Weltmeisterschaft in Reykjavík war vor dem Hintergrund des Kalten Krieges natürlich auch ein weiterer Schlagabtausch zwischen den Supermächten USA und Sowjetunion. Zum strahlenden amerikanischen Vorzeigeheld taugte Fischer nicht, was den Reiz dieser historischen Geschichte beträchtlich erhöht. Das scheue Schachgenie, das von Tobey Maguire glänzend verkörpert wird, litt unter ausgeprägten Paranoia-Attacken und war auch sonst nicht gerade sozialverträglich. In einer besonders schönen Szene, in der sich Fischer über die zu laut surrenden TV-Kameras beschwert und sein Match abbricht, fängt der Film eben diese Paranoia perfekt ein. Bei Fischers Gegenspieler Spassky (ebenfalls in Topform: Liev Schreiber) zeigten diese exzentrischen Mätzchen zumindest in der Filmversion Wirkung, so lässt der Russe im Verlauf der WM aufgrund von störenden Vibrationen seinen Stuhl röntgen. Die visuellen Möglichkeiten sind beim Schachsport arg limitiert, doch Edward Zwick (Blood Diamond, The Last Samurai) ist glücklicherweise ein alter Hase und seine stimmungsvolle Inszenierung kommt weder theaterhaft noch angestaubt daher. Die außerordentlich bizarren späten Jahre des jüngsten Weltmeisters aller Zeiten, der als Amerikaner mit jüdischen Wurzeln den Holocaust geleugnet hat, lässt Bauernopfer weg.

Der komplexe historische Kontext schreit geradezu nach Dokumentationen und Hintergrundinfos, doch leider hat sich nur ein dreiminütiges Mini-Featurette in die Bonussektion der Blu-ray verirrt. Das Bild ist hingegen erstklassig und sorgt mit leicht reduzierter Farbgebung für realistische 70er-Jahre-Stimmung.

 

 

Marcs Filmwertung

Psychologisch ausgefeiltes, hervorragend gespieltes Schach-Biopic über das exzentrische Genie Bobby Fischer.

Marc

Marc

Cineast bis in die Haarspitzen. Anything goes außer Schweiger & Schweighöfer und Bollywood. Regie-Lieblinge: Fincher, Mann, Scorsese, Coppola, Lynch, die Coens, Tarantino, Cameron, De Palma, P.T. & Wes Anderson, Spielberg.
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Cast & Crew

Diese DVD/Blu-ray wurde uns vom Vertrieb Studiocanal kostenlos zu Rezensionszwecken zur Verfügung gestellt. Unsere Bewertung ist davon jedoch nicht beeinflusst und gibt die unabhängige, persönliche Meinung des jeweiligen Rezensenten wieder.
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