Sterben
D 2024
FSK: ab 16 Jahren
Länge: ca. 174 Min.
Vertrieb: LEONINE
VÖ-Datum: 06.09.2024
Filmzine-Review vom 12.09.2024
Familie Lunies ist tief zerrüttet. Mutter Lissy (Corinna Harfouch) kann sich gerade noch um sich selbst kümmern, aber ist mit der Betreuung ihres dementen Mannes Gerd (Hans-Uwe Bauer) vollkommen überfordert und daher eigentlich ganz dankbar, als dieser nach einem Zwischenfall im Heim landet. Sohn Tom (Lars Eidinger) lebt weit weg in Berlin und ist ihr keine Unterstützung. Er hat sein eigenes Leben, stellt er als Dirigent doch gerade mit seinem depressiven Freund, dem Komponisten Bernard (Robert Gwisdek), eine Orchester-Aufführung auf die Beine und ist nebenbei indirekt Vater geworden. Indirekt, weil ihn seine Ex-Freundin und jetzt beste Freundin gebeten hat, ihr Kind, das aber nicht seins ist, mit ihr großzuziehen. Toms Schwester Ellen (Lilith Stangenberg) ist das schwarze Schaf der Familie: Sie säuft wie ein Loch und stürzt sich gerade Hals über Kopf in eine wilde Affäre mit einem verheirateten Zahnarzt…
Es ist also einiges los bei den Lunies und so teilt Regisseur Matthias Glasner sein mit 3 Stunden Laufzeit schon fast episches Werk Sterben in drei Kapitel auf und erzählt nacheinander die Perspektiven von Lissy, Tom und Ellen, die zum Teil ineinandergreifen. Gleich zu Anfang schmeißt er das Publikum schonungslos in eine beklemmende Szene im Haus der Eltern: Vater Gerd ist mal wieder nackt ausgebüxt, nicht ohne vorher seinen Darm in der Küche zu entleeren, Mutter Lissy ist darauf ausgerutscht und kann wegen eines Hüftleidens nun nicht aufstehen. Ein schüchternes Telefonat zwischen Lissy und Sohn Tom, bei dem er kein Ohr für die prekäre Lage hat, sondern abgelenkt und kurz angebunden ist und nur von sich erzählt, legt dann den Grundton und man weiß: In dieser Familie stimmt vieles nicht. Der emotionale Höhepunkt des Films ist nach gut 100 Minuten die Aussprache zwischen Mutter und Sohn, in der sich Abgründe auftun, die man so nicht hat kommen sehen. Corinna Harfouch und Lars Eidinger bei diesem furiosen Wortgefecht zuzusehen, ist eine Wucht. Ebenso wuchtig spielt aber auch die dritte im Lunies-Bunde, nämlich Lilith Stangenberg als rastloser, unglücklicher Wildfang, die permanent auf der Flucht vor sich selbst zu sein scheint. Sterben ist keineswegs so deprimierend oder schleppend, wie es der Titel nahelegen würde, das Drama ist abwechslungsreich, bissig, überspitzt, tiefschürfend, gnadenlos – mitunter sogar komisch, auch wenn einem das Lachen meist im nächsten Moment im Hals stecken bleibt. Matthias Glasner berührt mutige Themen, wirft schwierige Fragen auf und hat einen kontroversen Film geschaffen, der auf der Berlinale mit dem Silbernen Bären für das beste Drehbuch ausgezeichnet wurde. Einen solch fulminanten Film hat das deutsche Kino mal wieder dringend gebraucht!
Hintergrundmaterial zum Dreh, sonstige Informationen oder Interviews hält die DVD leider nicht bereit.
DVD Extras:
- Trailer zum Film
- Trailer zu 5 weiteren Titeln
Ninas Filmwertung
Schonungsloses Drama über eine dysfunktionale Familie, das wegen seiner mutigen Themen und des herausragenden Ensembles absolut sehenswert ist.
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Leserwertung
Trailer
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Cast & Crew
Schauspieler: Anna Bederke, Corinna Harfouch, Lars Eidinger, Lilith Stangenberg, Robert Gwisdek, Ronald Zehrfeld, Saskia Rosendahl
Musik: Lorenz Dangel
Produzent(en): Ulf Israel, Jan Krüger, Matthias Glasner