Anvil! – Die Geschichte einer Freundschaft
Anvil! The Story of Anvil
USA 2008
FSK: ab 12 Jahren
Länge: ca. 77 Min.
Studio: Abramorama
Vertrieb: rapid eye movies
Filmzine-Review vom 15.08.2010
Während Anfang der 80er Jahre „Hairy“ Metal-Bands wie Bon Jovi, Megadeath oder Anthrax millionenfach Alben verkauften, blieben die Kanadier von Anvil weitgehend unbeachtet. Obwohl sie sich musikalisch, modisch und textlich kaum von ihren erfolgreicheren Kollegen unterschieden, blieb der große Durchbruch aus. Fast 30 Jahre später haben Sänger und Gitarrist Steve „Lips“ Kudlow und Drummer Robb Reiner ihren großen Traum vom Weltruhm immer noch nicht aufgegeben.
Regisseur Sacha Gervasi, ein Fan der frühen Stunde, begleitet in Anvil! – Die Geschichte einer Freundschaft die beiden Lockenköpfe, die halbherzig ihren Jobs nachgehen, um die Familie zu ernähren, aber in ihrer Freizeit weiterhin an ihrer Karriere basteln. Dabei gewinnt er recht intime Einblicke in den Alltag der Anfang 50-Jährigen, die sich wie ein altes Ehepaar zoffen und wieder versöhnen, sich motivieren und ständig weiter pushen. In den Interviews zeigen sich Ehefrauen und Familienmitglieder skeptisch, aber respekt- und liebevoll; sie sind vom unbekümmerten Optimismus der Kindsköpfe vermutlich ebenso gerührt wie man selbst. In ihrem Urlaub begeben sich Steve und Robb dann auf eine Art Europa-Tournee, die sie mit Bus und Bahn bestreiten, und bei der nicht selten auf der Bühne ebenso viele Menschen stehen wie davor. Ihre hoffnungslos überforderte Managerin bucht sie für ein Metal-Festival in Transsylvanien, die Vorfreude seitens der Band ist kaum noch zu bremsen, doch in der auf 10.000 Zuschauer ausgelegten Halle finden sich letztendlich nur 187 Gäste ein. Fast wähnt man sich in einer Mockumentary à la This is Spinal Tap, doch hier ist alles echt. Ihr dreizehntes Album „This is Thirteen“ soll nun ihr neuer Glücksbringer werden und wird nach diversen Absagen aller großen Labels in Eigenregie auf den Markt gebracht. Und dann kommt ein vielversprechender Anruf aus Japan: Anvil sollen als Opener für ein Metal-Festival spielen. Steves Augen leuchten am Telefon wie die eines 5-Jährigen vor der Weihnachtsbescherung, und man fürchtet wieder einmal das Schlimmste, erst recht als die un-metallische Startzeit ihres Gigs bekannt wird: 11h45. Wie es ausgeht? Das muss bitte jeder selbst sehen!
Von den beiden Audiokommentaren, die der Regisseur einmal mit den Bandmitgliedern und einmal mit der Produzentin und dem Editor beisteuert, ist ersterer ungleich unterhaltsamer. Ein längeres Interview mit Metallicas Lars Ulrich ist ebenso interessant wie ein kleines Feature, bei dem Anvil ihren Hardcore-Fan und Regisseur beim Auftritt in Japan mit auf die Bühne holen und mitjammen lassen.
Ninas Filmwertung
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