Moonlight
USA 2016
FSK: ab 12 Jahren
Länge: ca. 111 Min.
Studio: A24
Vertrieb: Universum Film
Filmzine-Review vom 26.08.2017
Der junge Chiron wächst bei seiner drogensüchtigen Mutter in einem der sozial schwachen Viertel Miamis auf. Einzige Bezugsperson ist der Drogendealer Juan (Oscar für Mahershala Ali) der für „Little“ zu einer Art Ersatzvater wird. Schon früh merkt er selbst und vor allem aber seine Mitschüler, dass er anders ist. Doch die Konflikte halten bis in seine Pubertät an und festigen die Außenseiterrolle des schmächtigen Jungen. Nach einem Zwischenfall bekommen er und seine Mutter die Chance auf einen Neuanfang in einer anderen Stadt. Doch auch als Erwachsener scheint Chiron sich selbst noch nicht gefunden zu haben und seine Homosexualität nicht zu akzeptieren…
„Der Oscar für den besten Film 2016 geht an – La La Land“, verkündeten die beiden 100-Jährigen Faye Dunaway und Warren Beatty bei der diesjährigen Oscar-Verleihung. Dass in den folgenden Minuten zunächst der falsche Film bejubelt wurde, war allerdings nicht ihre Schuld, steckte doch schlicht ein falscher Zettel im Umschlag. Dass dieser kleine Skandal den Machern von Moonlight so den Glanz ihrer Sternstunde nahm, ist natürlich umso bedauerlicher.
Das in drei Episoden unterteilte Drama begleitet Hauptfigur Chiron durch Kindheit, Jugend und Erwachsenenalter und zeigt dabei ein Miami ohne Art Déco, Pastellfarben, Flamingos und Cocktailschirmchen. Im nicht-touristischen Miami lebt ein Großteil der Bevölkerung in ärmlichen Verhältnissen – heute sind es rund 60% der Einwohner. Floridas Partymetropole hat damit sogar Detroit in Sachen Kriminalität und Armut längst überholt – ein trauriger Negativrekord. Regisseur Barry Jenkins stammt aus genau einer solchen Gegend und drehte deshalb in dem Viertel, in dem er selbst aufwuchs. Moonlight ist ein stark visueller Film. Wie ein Portraitfotograf setzt Jenkins seine Figuren in Szene, lässt sie posieren und sucht dabei mit der Kamera eine intensive Nähe. Immer wieder wirbelt er um die Protagonisten herum, die ganz in sich gefangen sind, obwohl um sie herum doch so viel Platz ist. Das sensibel beobachtete Drama ist wahrlich kein Feelgood-Movie. Es ist ein wichtiger und anspruchsvoller Beitrag zum Thema Bullying, der nicht immer leicht zu ertragen ist. Im dritten und letzten Teil sehen wir einen Chiron, der sich inzwischen wohl körperlich durchzusetzen vermag und sicher keine Zielscheibe mehr für Spott und Verachtung bietet. Doch die lebenslange Schikane durch sein Umfeld und das Unvermögen seiner Mutter (großartig: Naomie Harris) ihm jegliche Form von Zuneigung zu zeigen, haben ihn zu einem verunsicherten und unglücklichen Mann gemacht. Ein Mann, der sich hinter jeder Menge Bizeps und goldenen Grills vor den Zähnen versteckt und der sich selbst und seine Sexualität bis heute nicht akzeptieren kann, weil er es nie gelernt hat.
Dass die Blu-ray keine englischen Untertitel anbietet, ist ebenso unverständlich wie ärgerlich, denn der Slang zwischen den Jugendlichen oder Drogendealern ist nicht ganz ohne. In den Extras erzählt der sympathische Regisseur vom Dreh in seiner alten Heimat, von der Bedeutung eines authentischen Schauplatzes und von der spontanen Idee, einige Rollen mit Laien von der Straße zu besetzen. Ein Beitrag zur Premiere in Berlin zeigt Bilder aus dem Filmtheater am Friedrichshain.
Ninas Filmwertung
Berührendes Außenseiterdrama, das filmisch wie erzählerisch eine intensive Nähe zu den Figuren aufbaut.
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Leserwertung
Trailer
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Cast & Crew
Schauspieler: Alex Hibbert, Ashton Sanders, Janelle Monáe, Mahershala Ali, Naomi Harris, Trevante Rhodes
Musik: Nicholas Britell
Produzent(en): Dede Gardner, Adele Romanski