Rize – Uns hält nichts auf!
Rize
USA 2005
FSK: ab 6 Jahren
Länge: ca. 85 Min.
Studio: Darkfibre Entertainment Ltd.
Vertrieb: rapid eye movies
Filmzine-Review vom 03.03.2006
Videoclip-Regisseur und Kultfotograf David LaChapelle, der die Kinobesucher unlängst mit dem triefig-kitschigen H&M-Werbespot „Romeo & Juliet“ mit einer Laufzeit von unverschämten 6 Minuten bzw. gefühlten 60 Minuten wochenlang zur Weißglut brachte, begab sich für seinen ersten Kinofilm Rize in die Ghettos von L.A. und untersuchte (wie bereits zuvor in zwei Kurzfilmen) das Phänomen des „Clowning“ und „Krumping“. Clowning, so lernt der unwissende Zuschauer, ist die Kombination des schweißtreibenden Stripper-Dance (einem breitbeinigen Extrem-Hüftschütteln, das garantiert wenig förderlich für die Wirbelsäule ist) mit wilden Armbewegungen. Krumping wiederum ist eine ausgebaute und noch durchgeknalltere Variante des Clowning, die den Kids als Ventil zur Stress- und Wutbewältigung dient. Während Clowns durchaus auch mal krumpen können, würden sich Krumper hingegen nie mit bloßem Clowning abgeben, so viel ist schon mal klar. Die beiden Tanzarten sind auf den Straßen von L.A. so lebendig wie das Breakdancing in den 80ern und finden ihren Höhepunkt in den so genannten „Battle Zone“-Tanzwettbewerben, bei denen Clowns gegen Krumper antreten. Ungefähr 50 Clown-Gruppen gab es zum Zeitpunkt des Drehs in L.A. (mittlerweile wird die Zahl auf etwa 100 geschätzt), seit Tommy The Clown vor über 10 Jahren den Ball ins Rollen brachte. Nach seiner Entlassung aus dem Knast verabschiedete sich der ehemalige Dealer von den Drogen, trat zunächst als Spaßmacher bei Geburtstagsparties auf und gründete später eine eigene Dance Academy, bis sich die Bewegung verselbstständigte und immer mehr verbreitete. Für die Kids sind die Clowns ihres Viertels Vaterfigur und Vorbild; sie haben ein Auge auf diejenigen, die in die Kriminalität abzurutschen oder Gangs beizutreten drohen. Ein sinnvolles Vorhaben in Gegenden, in denen die Eltern nicht selten mit Alkohol- oder Drogenproblemen kämpfen, Haftstrafen absitzen oder womöglich nicht mehr am Leben sind.
Gerade angesichts derart ernster Hintergründe für diese Jugendbewegungen hätte die Doku vielleicht etwas mehr in die Tiefe gehen können. Sie beginnt zwar mit Bildern der Rodney-King-Unruhen 1992, doch diese Vorfälle spielen im weiteren Verlauf des Films überhaupt keine Rolle mehr. Die meisten Kids scheinen ohne Vater aufgewachsen zu sein und alle erzählen, sie würden ohne das Tanzen garantiert auf die schiefe Bahn geraten. Aber statt hier genauer nachzuhaken, gezielter nachzufragen und diese Gespräche einfach länger zu führen, driftet LaChapelle lieber schnell wieder in sein Metier des Videoclip-Regisseurs ab. In einer längeren Tanzsequenz stellt er den Krump-Sessions Bilder afrikanischer Stammestänze gegenüber, doch niemand verliert auch nur ein Wort über diesen möglichen Zusammenhang. So bleiben letztendlich ein paar Aspekte nur an der Oberfläche und werden nicht näher beleuchtet.
Doch zum Glück gibt es die Bonus-DVD mit etlichen Interviews, in denen alle Beteiligten noch einmal zu Wort kommen und sagen, was ihnen am Herzen liegt, ohne sofort von hektischer Musik unterbrochen zu werden. Besonders empfehlenswert ist die Q&A-Runde vom Tribeca Film Festival, hier spürt man, wie sehr die Jugendlichen eigentlich darunter leiden, im Ghetto aufzuwachsen. Wer sich die Tänze, die im Film nur ausschnittsweise zu sehen waren, ganz angucken möchte, dem stehen in der Rubrik „Extended Dances“ 6 Performances zur Auswahl. 8 Tänzer zeigen unter „Dance Moves“ ihre selbst kreierten Schritte und erklären Nachahmungswilligen, wie’s geht. Außerdem gibt es noch 7 gestrichene Szenen sowie eine Fotogalerie zu betrachten.
Ninas Filmwertung
Ansichten eines Clowns: Doku über die neuen Moovez und Groovez in L.A.
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Leserwertung
Cast & Crew
Musik: Amy Marie Beauchamp, Jose Cancela
Produzent(en): Ellen Jacobson, Marc Hawker, David LaChapelle